Donnerstag, 24. Mai 2012

Salmon Fishing in the Yemen

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.
 
Man sollte denken, dass das Resultat einer Kollaboration des gefeierten schwedischen Regisseurs Lasse Hallström und des preisgekrönten Drehbuchautors Simon Beaufoy wenigstens passabel wäre. Weit gefehlt: Salmon Fishing in the Yemen ist einer der enttäuschendsten Filme des Jahres.

Nach einem Anschlag auf eine afghanische Moschee steht Patricia Maxwell (Kristin Scott Thomas), die PR-Beraterin des britischen Premierministers, unter Zugzwang, eine Nachricht zu finden, die den Nahen Osten in ein besseres Licht rückt. Dabei stösst sie auf den Wunsch des anglophilen Scheichs Muhammad (Amr Waked), in seinem Heimatland Jemen das Lachsfischen einzuführen. Verantwortlich für die Abklärungen ist die frisch in einen Soldaten verliebte Harriet (Emily Blunt). Der von ihr kontaktierte Fischexperte Dr. Alfred Jones (Ewan McGregor) hält das Vorhaben aber für undurchführbar. Als Patricia das Projekt zur Priorität erklärt, muss Alfred dennoch mit Harriet zusammenspannen und versuchen, das Unmögliche möglich zu machen. Dabei freunden sich die beiden mit Muhammad an und lenken sich von ihren jeweiligen Schwierigkeiten ab: Der leicht autistische Alfred steckt in einer Ehekrise, Harriets Freund wird nach Afghanistan abkommandiert.
Simon Beaufoy ist beileibe kein Neuling in der Welt der Drehbuchautoren. Der Brite wurde bereits 1998 für seine Arbeit an The Full Monty für einen Oscar nominiert. Es folgten ein Sieg (Slumdog Millionaire, 2009) sowie eine weitere Nomination (127 Hours, 2011). Umso erstaunlicher ist es, wie stümperhaft er in seiner gleichnamigen Adaption von Paul Tordays Roman Salmon Fishing in the Yemen vorgeht. Beaufoy scheint vergessen zu haben, dass Konflikt der Treibstoff jeder Geschichte ist, denn der Film kommt praktisch ohne solchen aus. Die zentralen Probleme sind entweder gar keine, werden aber zu tragenden Elementen aufgebauscht, oder sie werden künstlich hergestellt, egal wie lächerlich oder an den Haaren herbeigezogen sie auch sein mögen – frei nach dem Motto: Eine Nahost-Erzählung braucht Terrorismus. Dass dabei der – von Terry Stacey (P.S. I Love You) zugegebenermassen schön eingefangene – Ethnokitsch an eine Reisewerbung für den Jemen erinnert, passt zum strukturell ohnehin verwirrten Film. Es lässt sich nicht so recht erkennen, ob Salmon Fishing in the Yemen nun eine Komödie – pro: einige absurd-witzige Linien; contra: kindischer Slapstick –, eine Liebesgeschichte – vieles davon läuft auf Nebenspuren ab – oder ein Drama sein soll. Würde Lasse Hallströms Regie nicht für etwas flottes Tempo sorgen, der Streifen wäre ganz und gar unerträglich.

Drehbuch in den Sand gesetzt? Scheich Muhammad (Amr Waked), Dr. Alfred (Ewan McGregor) und Harriet (Emily Blunt) bei einer Strategiesitzung.
Auch mit der Charakterzeichnung tut sich Beaufoy überraschend schwer. Alfred Jones beginnt als unmotiviert aggressiver Zyniker, für dessen Darstellung Ewan McGregor gut zehn Jahre zu jung ist, und wandelt sich abrupt zum einfühlsamen Softie. Harriet bleibt durchwegs eine uninteressante Figur – wohl auch dank der farblosen Emily Blunt –, deren Entscheidungen in Sachen Liebe etwas allzu wankelmütig anmuten. Kristin Scott Thomas wiederum liefert wohl die beste Darbietung des Hauptcharaktertrios, verschiwndet aber immer mehr hinter der widerwärtigen Patricia. Bliebe noch Amr Wakeds würdevolle Performance als Muhammad, die sympathischste Figur des Films, welche als Gegenentwurf zum muslimischen Klischee dient, letztlich aber durch das Bestärken kultureller Stereotypen ruiniert wird.

Ob die Hauptschuld für die Misere nun an Simon Beaufoy oder an Paul Torday liegt, ist letztlich unwichtig. Salmon Fishing in the Yemen ist ein ärgerliches Machwerk, welches es so schnell wie möglich zu vergessen gilt.

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