Samstag, 18. August 2012

Ted

Mit nur 38 Jahren gehört Seth MacFarlane bereits zu den erfolg- und einflussreichsten Vertretern der amerikanischen Comedy-Szene. Aus seiner Feder stammen die drei Hit-Serien Family Guy, American Dad! und The Cleveland Show, er geniesst einen hervorragenden Ruf als Sänger, Texter und Synchronsprecher und mit seiner Liebe zum derben Humor hat er sich zugleich eine riesige Fanbasis und ein beträchtliches Heer an Gegnern erarbeitet. Mit Ted wagt er nun den Schritt ins Spielfilmregie-Fach. Wer etwas anderes als MacFarlanes typische Mischung aus kruder Hit-and-Miss-Komik und harschen popkulturellen Anspielungen erwartet, ist im falschen Film.

Im Boston der Achtzigerjahre lebte einst ein kleiner Junge namens John Bennett, der einfach keine Freunde fand. Doch am Weihnachtsmorgen 1985 sollte sich das Leben des einsamen Kindes für immer verändern, denn unter dem Baum lag ein ganz besonderes Geschenk: ein grosser Teddybär, den John sogleich fest ins Herz schloss. Und weil gerade die magische Zeit des Jahres herrschte, ging sein Wunsch, der Bär solle lebendig werden, in Erfüllung; "Ted" (Stimme: Seth MacFarlane) wurde über Nacht zur Mediensensation. Seither sind 27 Jahre vergangen und John (Mark Wahlberg) und Ted sind immer noch beste Freunde. Allerdings wird die Freundschaft immer mehr zur Belastung für Johns Beziehung mit seiner Freundin Lori (Mila Kunis). Also bittet er Ted, sich eine eigene Wohnung und einen Job zu suchen. Dies erweist sich aber für einen Plüschbären ohne jeden Anstand als grosse Herausforderung.

Seth MacFarlanes Humor ist bissig, kompromisslos und verhält sich den Grenzen des guten Geschmacks gegenüber vollkommen gleichgültig. In der Unterhaltungsindustrie führen seine Serien einen erbitterten, wenn auch nicht ganz ernst gemeinten Kleinkrieg mit South Park und den Simpsons; politisch wollen ihm rechte – der Parents Television Council oder Sarah Palin – wie linke – die Gay and Lesbian Alliance Against Defamation – Exponenten ans Leder. Unanständigkeit, Antireligiosität, Jugendgefährdung, Rassismus und Sexismus, so lauten die Anklagen. Kümmern tut ihn das freilich wenig. Überragende Einschaltquoten für seine Fernsehserien geben ihm Recht. Und die Erfolgsgeschichte wird in Ted fortgesetzt: MacFarlanes vulgärer Klamauk vermag auch im Kino die Massen zu begeistern. Obwohl der Film in den USA erst ab 17 Jahren freigegeben ist – eigentlich eine kommerzielle Katastrophe –, gehört er zu den Kassenschlagern des Sommers.

Freunde fürs Leben: Der 35-jährige John Bennett (Mark Wahlberg) und sein zum Leben erwachter, unflätiger Teddybär Ted (Stimme: Seth MacFarlane).
Zwar ist die Mischung aus Liebes- und Buddy-Komödie, ein nicht eben neues Konzept, lange nicht so gewagt wie gewisse Werke aus dem TV-Œuvre des Regisserus, doch sein primäres Ziel erreicht der Film mühelos: Ted ist lustig. Manche Witze laufen ins Leere, manche wirken geschrieben wohl unterhaltender als sie gesprochen tatsächlich sind, die Geschichte, welche wider Erwarten mehr als nur ein Alibi ist, verläuft in allzu konventionellen Bahnen – allerdings ist die Beziehung zwischen John und Lori überraschend gut gelungen. Doch MacFarlane wäre nicht MacFarlane, wenn sich in seinen Erzeugnissen neben den weniger gelungenen Humorversuchen nicht auch Unmengen an köstlichem Komödienmaterial finden würde. Und dieses nimmt, wie man es sich aus Family Guy gewohnt, die unterschiedlichsten Formen an.

Die Wegwerf-Verweise auf die Popkultur – Justin Bieber, Katy Perry, Jack and Jill ("Adam Sandler plays a guy and a girl and... it's awful. It's... unwatchable"), das herrlich willkürliche Schlussbild – bemühen sich gar nicht erst um Langlebigkeit; die vereinzelten Gastauftritte, deren Höhepunkt sicherlich Patrick Stewarts Erzähler ist, verfehlen ihre Wirkung nicht; die Selbstreflexion funktioniert ("I do not sound that much like Peter Griffin!"); bei MacFarlanes Lieblingsthemen werden keine Gefangenen gemacht ("Look what Jesus did!"); und der Film reüssiert sogar dort, wo Sacha Baron Cohen drei Filme lang gescheitert ist: Ted zeigt, dass es möglich ist, gute Witze über menschliche Fäkalien zu machen. Grossen Anteil am Gelingen haben auch die Hauptdarsteller. MacFarlane und insbesondere Mila Kunis (Meg Griffin in Family Guy) laufen zu komödiantischer Höchstform auf. Mark Wahlberg hingegen, obwohl auch er seinen Anteil an Lachern beisteuert, wirkt in seiner Zurückhaltung fast peinlich berührt ob der zum Besten gegebenen Zoten.

Die Freundschaft gefährdet Johns Beziehung mit seiner Freundin Lori (Mila Kunis).
Neue Freunde wird sich Regiedebütant MacFarlane mit Ted kaum machen. Der Film ist unverschämt, beleidigend, vulgär, derb und macht jede Menge Spass – wenn man sich denn mit dem Humor der Macher anzufreunden weiss. Von den diversen Einzeilern abgesehen, wird kaum etwas davon über längere Zeit hängen bleiben. Beste Voraussetzungen eigentlich für MacFarlanes nächstes Kinoprojekt.

★★★

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen